Aluminiumlegierungen für die Wasserstoffwirtschaft

Eine Legierung aus Aluminium, Magnesium und Scandium ist fest und wird selbst durch relativ viel Wasserstoff nicht spröde

Auf den Punkt gebracht

  • Neuartiges Legierungsdesign für Aluminium: Forschende mischen Scandium zu Aluminiumlegierungen und erzielen damit eine 40 Prozent höhere Festigkeit und eine fünfmal höhere Resistenz gegen Wasserstoffversprödung – bei gleichbleibender Duktilität.
  • Tuning der Mikrostruktur: Nanopartikel mit einer Schale aus Aluminium, Magnesium und Scandium fangen Wasserstoff ein und vermindert die Versprödungsgefahr, während Nanopartikel aus Aluminium und Scandium die Festigkeit erhöhen.
  • Industrielle Anwendbarkeit: Die festen und gegen Wasserstoff robusten Legierungen wurden bereits unter nahezu industriellen Bedingungen hergestellt.

Aluminiumlegierungen sind für ihr geringes Gewicht und ihre Korrosionsbeständigkeit bekannt – Eigenschaften, die sie zu idealen Materialien für eine CO2-freie Wirtschaft machen. Ob im Leichtbau von Fahrzeugen oder als Speichertanks für grünen Wasserstoff: Der Bedarf an Aluminium wird mit dem Übergang zu nachhaltigen Technologien weiter steigen. Ein großes Hindernis ist dabei jedoch die sogenannte Wasserstoffversprödung: Aluminium neigt dazu bei Kontakt mit Wasserstoff zu verspröden – Risse bilden sich und führen schließlich zu Brüchen im Material. Wasserstoffresistente Legierungen waren bisher zu weich, um sie für High-Tech-Anwendungen zu nutzen. Ein internationales Forschungsteam – darunter Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Nachhaltige Materialien – hat dafür nun eine Lösung gefunden: Sie verfolgen einen neuen Ansatz, um Legierungen zu entwickeln, die besonders fest und gleichzeitig resistent gegen Versprödung sind. So können sie verschiedene Aluminiumlegierungen fit für die Wasserstoffindustrie machen. Ihre Forschungsergebnisse haben sie in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht.

Nanopartikel fangen Wasserstoff ein und erhöhen die Festigkeit

Das Team hat eine Legierung hergestellt, die neben Aluminium, Magnesium auch Scandium, ein Metall der Seltenen Erden enthalten. Durch eine zweistufige Wärmebehandlung haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der Legierung Nanopartikel aus Aluminium und Scandium erzeugt. Der Teil der Partikel, die größer als etwa zehn Nanometer im Durchmeser sind, werden von einer Hülle aus Aluminium, Magnesium und Scandium umschlossen. Beide Partikelarten sind in der gesamten Aluminium-Magnesium-Legierungen verteilt und erfüllen zwei wichtige Funktionen: die kleineren Partikel aus Aluminium und Scandium erhöhen die Festigkeit, während die Partikel mit der Hülle aus Aluminim, Magnesium und Scandium Wasserstoff binden und das Material so robuster gegen Wasserstoffversprödung machen. „Bisher mussten wir uns zwischen einer Legierung mit hoher Festigkeit oder einer Wasserstoff-resistenten Legierung entscheiden“, sagt Baptiste Gault, Leiter einer Forschungsgruppe am Max-Planck-Institut für Nachhaltige Materialien. „Unsere neue Strategie vereint erstmals beides.“

Bisher mussten wir uns zwischen einer Legierung mit hoher Festigkeit oder einer Wasserstoff-resistenten Legierung entscheiden. Unsere neue Strategie vereint erstmals beides.
Professor Baptiste Gault, Leiter der Atomsondentomographie-Gruppe und einer der korrespondierenden Autoren der Studie

Die neue Legierung weist daher eine um etwa 40 Prozent höhere Festigkeit und eine fünfmal höhere Resistent gegen Wasserstoffversprödung auf als eine Aluminium-Magnesium-Legierung ohne Scandium. Selbst wenn ziemlich viel Wasserstoff in die Legierung eindringt, bleibt diese duktil und bildet keine Risse.

Eine wesentliche Grundlage für die Entwicklung der neuen Legierung schufen Forschende des Max-Planck-Instituts für Nachhaltige Materialien bereits in einer 2022 veröffentlichten Studie. Darin klärten sie unter anderem mithilfe der Atomsonden-Tomografie auf, wie genau Wasserstoff zur Versprödung von Aluminium führt und wie in dem Material eingebetete Nanopartikel den Wasserstoff einfangen und entschärfen können. Nun wiesen die Max-Planck-Forschenden ebenfalls mit Atomsondenmessungen nach, dass die Nanopartikel mit der Hülle aus Aluminium, Magnesium und Scandium den Wasserstoff binden. Ihre Messungen bestätigten also, dass der neue Ansatz im Legierungsdesign funktioniert.

Vom Labor in die Industrie

Besonders vielversprechend: Die Forschenden übertrugen das neue Design auch auf andere Aluminiumlegierungen und erzielten dabei vergleichbare Verbesserungen. Darüber hinaus testeten sie das Herstellungsverfahren erfolgreich unter industrierelevanten Bedingungen. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass diese Strategie nicht nur im Labor funktioniert, sondern auch für die industrielle Anwendung geeignet ist“, sagt Baptiste Gault.

Unsere Ergebnisse zeigen, dass diese Strategie nicht nur im Labor funktioniert, sondern auch für die industrielle Anwendung geeignet ist.
Baptiste Gault

Das neue Design für Aluminiumlegierungen könnte so einen wichtigen Beitrag zur Sicherheit und Langlebigkeit von Infrastruktur in einer Wasserstoffwirtschaft leisten.

Die Forschungsarbeit ist zusammen mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Xi’an Jiaotong University (China), und der Shanghai Jiao Tong University (China) entstanden.

Yasmin Ahmed Salem

Weitere interessante Beiträge

Zur Redakteursansicht
OSZAR »